Till Mayer in Schutzmontur vor einem zerstörten Haus.

Wenn die Welt wegsieht: Till Mayers Blick hinter die Schlagzeilen

Till Mayer führt ein (Arbeits-)Leben zwischen deutscher Provinz und globalen Krisenherden. Er schreibt über Alltage, die kaum unterschiedlicher sein könnten: hier der Alltag in Deutschland, hier der Alltag in krisengebeutelten Regionen. In seiner Karriere hat er immer wieder die tiefen Wunden und die Resilienz der Menschheit in den Brennpunkten der Welt festgehalten. Seine eindringlichen Fotografien und bewegenden Reportagen dokumentieren die brutalen Auswirkungen von Kriegen und Konflikten auf das menschliche Leben. Im Fokus stehen oft die Benachteiligten einer Gesellschaft: Menschen mit Behinderung, Frauen, Vertriebene.

Von Bosnien bis Iran

Im Jahr 1993 begann Till Mayer seine erste Reportage für das Rote Kreuz aus einem Krisengebiet in Bosnien. Seitdem hat er zahlreiche Kriegs- und Krisengebiete sowie Katastrophenregionen in Afrika, Asien und Europa bereist. In seiner Rolle als Informationsdelegierter des Internationalen bzw. Deutschen Roten Kreuzes hat er Einsätze auf dem Balkan, in der Türkei, in Sri Lanka, im Irak und im Iran absolviert. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Menschen, deren Leben durch Kriege zerstört wurden, und er erzählt ihre Geschichten mit tiefem Mitgefühl und Respekt. 

Von Bamberg bis Beirut

Als Redakteur für das Obermain-Tagblatt berichtet er über die alltäglichen Dinge des deutschen Alltags. Als freier Journalist bereist er die Krisenländer dieser Welt und als Aktivist engagiert er sich leidenschaftlich für Frieden und Menschenrechte, beispielsweise für Senior*innen in der Ukraine. 

Sein persönliches Engagement zeigt sich nicht nur in seinen Fotografien und Reportagen, sondern auch in der aktiven Unterstützung von Hilfsprojekten und der Aufklärung über globale Ungerechtigkeiten.

Dieses breite Spektrum seiner Tätigkeiten macht Till Mayer zu einer ganz besonderen Persönlichkeit im Bereich des Journalismus und des humanitären Engagements. Seine Arbeit zeigt nicht nur die Schattenseiten der Welt, sondern bietet auch einen Blick auf die Hoffnung und den Widerstand, den er bei den Menschen in Krisenregionen dokumentiert.

„Allgemein ist der Krieg eigentlich immer gleich […] was raus kommt sind Menschen, die trauern. Menschen, die andere Menschen verloren haben. Da ist jeder Krieg gleich.“

Till Mayers Geschichten und Fotografien werden europaweit in Ausstellungen gezeigt, und er ist Autor mehrerer Bildbände, darunter „roter Winkel, hartes Leben“ (2007), „Abseits der Schlachtfelder“ (2010) und „Ukraine – Europas Krieg“ (2022).

Der erfolgreiche Balanceakt zwischen journalistischer Unabhängigkeit, der Arbeit für Hilfsorganisationen und seinem gesellschaftlichen Engagement verleiht seinen Berichten eine besondere Tiefe und Authentizität. Für Hilfsorganisationen berichtet er über Maßnahmen und die humanitären Herausforderungen. Als Journalist rückt er oft das ungeschönte Leid und die unerzählten Geschichten der Betroffenen ins Licht. Und in seiner Freizeit organisiert er Benefizveranstaltungen und unterstützt Nachwuchsjournalist*innen.

Der Wechsel von Perspektiven ist Till Mayers Spezialgebiet. So schafft er in seinen Werken ein umfassendes Bild der Realität - daheim und in den Krisengebieten der Welt.

Till Mayer arbeitet regelmäßig eng mit Handicap International zusammen, wobei er seine Fähigkeiten als Fotograf und Journalist einsetzt, um die Geschichten von Menschen mit Behinderung in Krisengebieten zu erzählen. Durch seine bewegenden Fotografien und detaillierten Reportagen gibt er den Opfern von Kriegen eine Stimme und macht auf ihre Schicksale aufmerksam. In seiner Zusammenarbeit mit Handicap International dokumentiert Mayer das Leid und die Herausforderungen, denen Menschen in Kriegs- und Krisengebieten ausgesetzt sind. 

Seit vielen Jahren besucht er die Projekte von Handicap International, um die menschlichen Geschichten hinter den Krisen festzuhalten. Dort spricht er mit unseren Kolleginnen und Kollegen, die sich Tag für Tag für Menschen einsetzen, die unter den Krisen besonders leiden. Und er spricht mit diesen Menschen, die fast immer - trotz aller Not - auch eine Stärke zeigen, die in vielen Porträts über Krisenländer viel zu selten gezeigt wird.

Seine Arbeiten sollen nicht nur das Bewusstsein schärfen, sondern auch Unterstützung und Hilfe mobilisieren, indem sie das Mitgefühl und die Solidarität der Öffentlichkeit wecken. Till Mayer zeigt durch seine Bilder die Widerstandskraft und den Mut der Betroffenen und trägt so dazu bei, dass ihre Geschichten nicht in Vergessenheit geraten.

„[…] Dokumentation des Krieges, wie ich es nenne.“ – Till Mayers Beschreibung seiner Arbeit 

Ausstellungen

  • Erschüttert: Diese Wanderausstellung präsentiert die Geschichten von Menschen, deren Leben durch Kriege und Konflikte erschüttert wurde. Mayer dokumentiert sowohl ihr Leid als auch ihre Stärke und Widerstandsfähigkeit.
    ► Sehen Sie sich hier alle Portraits der Ausstellung an
  • Barriere:Zonen: Diese Wanderausstellung beleuchtet die Herausforderungen, mit denen Menschen mit Behinderungen in Kriegsgebieten konfrontiert sind, und wurde in zahlreichen Bildungseinrichtungen und Kulturzentren gezeigt.
    Hier gehts zur Ausstellung barriere:zonen

Zeitungsartikel (Auswahl):

Till Mayer wurde für seine journalistische Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Coburger Medienpreis (2012, 2015, 2018, 2020, 2022) und der Ehrenpreis des Dr. Georg Schreiber-Medienpreises (2015). Des Weiteren erhielt er den European Newspaper Award (2021) und die höchste Auszeichnung des Ukrainischen Roten Kreuzes.

1996 war ich in Kabul. Es war eine meiner ersten Reisen in ein Kriegsgebiet. Die Taliban standen kurz davor, die Stadt einzunehmen. Sie schickten ihre Raketen. Eine schlug nicht unweit des Hauses ein, in dem ich wohnte. Die Wände zitterten kurz. Aber ich fühlte mich hinter Sandsäcken und abgeklebten Fenstern sicher.

Keine zwei Stunden später fotografierte ich in einem Krankenhaus die, die weniger Glück hatten. Die Opfer und Überlebenden der Raketenangriffe. Eine Mutter blickte voll Sorge auf ihren Sohn, den Ärzte und Schwestern in Verbände gehüllt hatten. Eine andere Mutter verlor an diesem Tag ihr Kind. Die Verbrennungen waren zu schwer. Ihren Anblick werde ich nie vergessen.

Es gibt wohl keine Worte, die den Schmerz beschreiben, den diese Frau gefühlt haben muss. Ihr Leben und das ihrer Familie wurden bei diesem Angriff für immer erschüttert. So wie das all der Protagonisten dieser Ausstellung.

Da ist der Bauer aus dem Kongo, der bei der Explosion einer Granate ein Bein verliert und fast seine gesamte Familie. Oder die Seniorin in einem Dorf in der Ostukraine, nahe der Frontlinie. Fast nur noch Alte sind dort geblieben. Sie suchen Schutz in einem Gemüse­keller, wenn die Kämpfe wieder einmal aufflammen.

In Laos reißt ein detonierender Blindgänger einer Streubombe einem Teenager Jahrzehnte nach dem Krieg beide Hände ab und raubt das Augenlicht. Ein Splitter im Rücken beendet die vielversprechende Karriere eines Jungunternehmers in Damaskus. Querschnittsgelähmt flieht er mit seiner Familie in den Libanon.

In Serbien treffe ich einen ehemaligen Bombenentschärfer, dem die Explosion Hände und Beine weggerissen hat. In Bosnien erzählt mir ein Mann, wie er die Bombardierung Sarajevos erlebt hat. Zwei seiner Spielkameraden starben vor seinen Augen.

Ein junger Kämpfer im Südsudan wird nach einem Einschlag im Gefecht zum Versehrten. Von nun an ein Zivilist, unbrauchbar für die Militärs. Fast drei Jahrzehnte fristet er ein Leben in Lagern. In Libyen kratzt ein Bauer mit seinem Pflug über einen Blindgänger. Ein Wunder, dass der mächtige Sprengkörper nicht explodiert, dabei den Mann mit seinem Traktor in Stücke reißt.

Die Explosionen von Bomben und Granaten erschüttern ein Leben lang: Weil Beine und Arme nicht nachwachsen können, geliebte Menschen nicht wiederkehren. Weil die Zeit eben nicht alle Wunden heilt, wenn die Seele tief verletzt ist. Weil Bomben und Granaten zwingen, vor ihrer todbringenden Gefahr zu fliehen, die Heimat zu verlassen.

Also wieder nur traurige Geschichten aus einer verrückten und grausamen Welt? Die Menschen in dieser Ausstellung bieten ihrem Schicksal die Stirn und kämpfen für ihre Würde. Und oft auch für die anderer Menschen. Es sind mutige und tapfere Frauen und Männer. Ich hoffe, sie machen Euch und Ihnen, liebe Betrachterin, lieber Betrachter, auch Mut, um sich an der Kampagne gegen Explosivwaffen zu beteiligen.“

Vortrag von Till Mayer

In diesem Video gewährt Till Mayer einen tieferen Einblick in die alltäglichen Barrieren der porträtierten Menschen. Das Vortragsvideo eignet sich auch gut als Einstieg in einen digitalen Vortrag mit Till Mayer, den Sie gerne begleitend zu der Ausstellung buchen können.

Hier gibt es das Video mit Audiodeskription

Till Mayer schreibt nicht nur - er rüttelt wach

Mayers Arbeit geht über die bloße Dokumentation von Leid hinaus; sie ist ein eindringlicher Appell an die Menschlichkeit und ein Aufruf zum Handeln. Er möchte aufklären und zeigen, dass hinter den nackten Zahlen und Nachrichten echte Menschen mit tragischen Schicksalen stehen. Durch seine eindringlichen Fotografien und berührenden Berichte bringt er die menschlichen Geschichten in den Vordergrund und fordert uns alle auf, hinzusehen, mitzufühlen und aktiv zu werden. Till Mayer sensibilisiert die Öffentlichkeit für das Leid in Krisengebieten und betont die Notwendigkeit, Mitgefühl in konkrete Hilfe umzuwandeln.

Jetzt sind Sie dran

Machen auch Sie mit. Leihen Sie die Ausstellung aus und zeigen Sie sie an einem geeigneten Ort in Ihrer Nähe. Gerne kommen Till Mayer oder Expert*innen von Handicap International für einen Vortrag hinzu.